Freitag, 29. September 2023

"Mallorka" an der Adria

Wir nehmen Fahrt auf. Und, wie das bei einem längeren Trip nicht ausbleiben kann, kommen, neben wundervollen Sonnenaufgängen wie heute in Kroatien auch langsam einige nicht so schöne Momente hinzu. Und wir sprechen nicht von unserer Unfähigkeit die Heizung zu reparieren.


Gestern beispielsweise, als wir über die nördlichen Alpen in Slowenien die Gemeinde Korte erreichten. Doch statt einmalig schöner hügeliger Landschaften blieb uns einzig die nüchterne Erinnerung an die Zerstörungskraft der Zivilisation. Denn kaum entschlichen wir den Tunneln der Alpen, erreichten wir ein Sammelsorium an Container ähnlichen Einkaufszentren.


Lidl, Kaufland, Bauhaus kein einziger Großkonzern hat es versäumt, sich auch in diesen wundervollen Gefilden nieder zu lassen. Was vom fremden Charme der slawischen Kultur blieb, waren gigantische Spring-Brunnen auf Kreisverkehren und Blumentöpfe, deren einzige Aufgabe sich darauf beschränkte, Straßenspuren zu trennen. Es war erschreckend, wie westeuropäisch nüchtern der Konsum in abgelegenste Gefilde Einzug hielt.


Wir konnten nicht umhin zu fliehen. Denn diese Eindrücke waren genau das, wovon wir doch eigentlich Abstand gewinnen wollten. Es war beinahe erleichternd, sich auf betonierten Straßen wieder zu befinden, die von grün bewucherten Hügeln gesäumt waren.


Wir versprachen uns von Kroatien, dem Land, das so berechtigt stolz auf seine Natur ist, Erleichterung, doch auch hier fand sich neben erstaunlich entspannten Autofahren und beinahe grünstem Garten Eden, ein Ressort neben dem anderen, das nicht nur von deutschen Touristen, sondern auch germanischer Industrie überrannt zu werden schien.


Hier, jenseits Italiens bekommt man eine Ahnung davon, wie sich Ostdeutsche gefühlt haben, als die Mauer des Krieges durch die Kraft des Kapitalismus eingerissen wurde. Schranken und Wachpersonal vor Tedi und Pizzerien mit gutem deutschen Bier. „Mallorka“ an der Adria, könnte man sagen.


Ob deshalb Wildkcampen verboten ist? Wahrscheinlich, denn vor diesen Menschen muss man Mutter Natur wirklich schützen. Doch selbst überteuertste Campingplätze von bis zu 75 Euro die Nacht, scheinen Kulturbanausen, die sich vom Kleingarten durch Wohnwagenparzellen Erholung versprechen, nicht abzuschrecken.


Wo mitteleuropäischer Lebensstandard Einzug hält, muss die Liebe zum Detail unweigerlich weichen. Man möchte fast befürchten, das wir die letzte Generation sind, die sich noch an unglaublich faszinierenden Wasserfällen und einsamen Gemeinden mit mittelalterlichen Kirchen nebst reich bewucherten Stadtmauern erfreuen kann.


Hoffentlich haben wir Unrecht, denn eigentlich ist es gar nicht schwer, in Slowenien und Kroatien unbeschreibliche neue Eindrücke von nie gesehenen grünen Berghügeln mit ansteckend inspirierenden fremden Kultureignissen, ganz ohne Eintrittsgeld zu erfreuen. Mann muss es nur wollen und vor allem: Schützen.


Euer Ulf


Guten Morgen

Das Schönste an einem Vagabundenleben wie wir es just führen, sind die Morgende. Wir haben es grad acht durch und ich sitze auf einer noch Tau feuchten Wiese und werde von der Sonne geblendet. Im Hintergrund gackern Hühner und die Esel "wiehern" erstmalig gen Hahn, der bereits seit vie Uhr zu krähen versucht ist.


Die Ruhe, sich einfach mit einer Tasse heißem Kaffee und einer Selbstgedrehten nieder zu lassen und sich ans Schreiben machen zu können, ist unbezahlbar.

Wann habe ich zum letzten Mal gerne Fliegen beim Paarungsverhalten auf einer Patina behafteten Kinderrutsche beobachten können und wollen? 

Kein unangenehmer Gedanke an die unzähligen Mückenstiche, die mich vor einigen Stunden noch um den Sschlaf zu bringen versuchten. Kein Argwohn über Probleme, die den Alltag gestalten könnten, einfach nur Ruhe, Vogelzwitschern und ein leises Surren der Autobahn im Hintergrund.


Früher hätte mich die Reminiszenz an die Zivilisation schon zu einem ersten Fluchen animiert. Heute ist es mir egal, wie der Franzose sagen würde, gleich, also unwichtig. Selbst der Gedanke an die zu erwartende Tankrechnung, die sich dank des Umstandes, dass es Freitag ist, höher als notwendig gestalten wird, provoziert nur ein leichtes Kopfschütteln: „cette egal“.


Nie vorher war ich freiwillig so motiviert, den Tag nur mit schönen Gedanken zu beginnen. Während Silvana sich noch im Rhythmus der Morgentoilette entspannt und sich der Akku dank der dekadent erscheinenden Stromversorgung langsam füllt, kann ich einfach hier sitzen und nichts tun, außer schreiben, was für mich dem schönsten Untätigsein entspricht. 

Mit einer Kuh immitierten Handbewegung werden kleine Insekten sanft von Nasenspitze und Sonnenbrille verjagt und behutsam die wohligen Dämpfe der Filterlosen inhaliert. Und zwischen jeder Bewegung eine gefühlte Stunde innehalten.


Was für ein Geschenk des Himmels, dass ich dank meiner wunderbaren Frau diese wgroßartigen Erlebnisse genießen kann. Was für ein Tag, der mit diesen inspirierenden Eindrücken beginnen darf. Man weiß nur, dass er an einem anderen Ort zwischen hier und Kroatien enden wird. Wahrscheinlich an einem ähnlich Schönen wie hier, vielleicht sogar noch einsamer –  einfach unbezahlbar.


Bis morgen,


Euer Ulf


ich sehe den Sternenhimmel...

(Down below in Englisch) Die Luft auf dem Hügel, der unsere derzeitige Notunterkunft beheimatet, wird Nachts langsam kühl, was der sternenk...