Montag, 2. Oktober 2023

Oh what a night

Heute könnte ich Euch erneut in Postkartenfarben Strand und Meer beschreiben, möchte aber von einem unscheinbaren Ort gegenüber unseres Stellplatzes berichten.


Alles begann gen Abend mit dem Vorhaben, den Müll zu entsorgen. Bepackt mit einem schwarzen Sack stand ich vor dem Jürmann, in Gedanken noch bei unserem ersten Tag am Meer, als Lothar aus Lingen meine Aufmerksamkeit erzwang. „Ihr kommt aus Steinfurt?“ Da in der Nähe kommen wir auch her, aber wir sind vor 20 Jahren hier hin gezogen“. So weit so banal dachte ich, freute mich aber über seine unkonventionell freundliche Art und über den Geruch des Holzgrills im Hintergrund mit der Einladung, nach unserem Spaziergang gern dazustoßen zu können.


„Petra und ich haben Bier genug und Grillfleisch ist auch für alle da. Die mit der weißen Bluse ist übriges Petra, meine Frau“, deutete der zottelige Emsländer in Richtung eines Tisches, der reich gedeckt und von etwa zehn verschiedenster Menschen bereits bevölker war, die sich schon prächtig zu amüsieren schienen.


Mit Vorfreude und einer Idee von Hunger machten sich Silvana und ich also auf den geplanten weg, ein wenig die Vegetation hinter der Ballermannmeile zu erkunden. Anderthalb Stunden und einige Abwege später erreichten wir dann, befreit vom Müll, den wir freundlicherweise an einem benachbarten Reststoffhof entsorgen durften, erneut die zusammengewürfelte Runde, die uns schon beinahe zu erwarten schienen.


Harald und Petra, die den Besitzer dieser alternativen Parkmöglichkeit kannten, begrüßten uns sogleich mit einem eiskalten Bier und Hände eines Schweizer, italienischen und österreichischen Paares drückten uns liebevoll und zielsicher auf unsere Plätze.


Wohlsein, prosit, nastrovie und das kroatische Pendant, das mir just leider entfallen ist, von allen Seiten, freuten wir uns, erstmalig auf dieser Tour ein warmes Gefühl von Willkommen sein zu spüren.


Noch heute, einige ausgenüchterte Stunden später scheint es mir unbegreiflich, wie sich eine derartige Runde an solch unscheinbaren Ort zusammenwürfeln konnte.


Ein Arzt mit seiner Frau aus Österreich, die sich hier vor einige Jahren ein Ferienhaus kauften, das Schweizer Paar, dass die angeblich vegetarischen Würstchen beisteuerten, die selbst als nicht-vegetarische Leckereien mit selbstgemachter Sauce unfassbar lecker waren, dazu unser gestern bereits erwähnter Platzwart Theo mit zwei Falschen Selbstgeranntem, Sascha aus Bayern sowie das italienische Rentnerpärchen in edelstem Zwirn mit Prosecco, dessen weibliche Hälfte sich als gebürtige Französin herausstellte, aber schon jegliche Vokabeln ihrer Heimatsprache verloren zu haben schien sowie ein Schmied aus dem märkischen Kreis waren die Charaktere, dessen Geschichten hier weitestgehend unerwähnt den Abend füllten. Sie waren die Gemeinschaft, die sich für einige Stunden zusammenfanden und am folgenden Tag wieder ihrer Wege gehen sollten.


Es watr tiefsinnig und lustig, bis die Tränen flossen und schmackhaft, bis der Bauch drückte.

Herrlich und unbegreiflich, wie frei sich das Leben anfühlen kann, wenn man Stand und Lebensphilosophie nur als oberflächliche „Gesprächsentres“ und nicht als Distanzmarker begreift. Heute weiß ich wohl mehr über die wundervolle Dame des Mediziners, als so manche ihrer Freundinnen und Sie besser als meine Mutter, wie sehr ich sie liebe.


Nie zuvor habe ich Silvana so aus sich heraus strahlen gesehen, beflügelt von Slibovitz und interessierten Gesprächen über ihren und andere Lebenswege. Ich weiß nicht wie spät es war, als wir leicht schwankend den Weg in den Jürmann fanden, aber um neun Uhr heute morgen war vom gestrigen Ereignis nur noch ein Tisch geblieben und eine freundschaftliche Umarmung von Sascha zum Abschied, der sich mit den Worten „vielleicht mache ich mich ja auch bald auf Euren Weg“ gen Frühschicht am Mittwoch bei BMW verabschiedete.


Auch wir fahren gleich weiter, aber können uns endlich mit einer würdigen Erinnerung an dieses wundervolle Land in Richtung Bosnien-Herzegowina aufmachen.


Bis morgen,


Euer Ulf

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